Wunderknolle, Scharfmacher, Schutzschild… Angeblich kann Ingwer viel mehr als nur gut schmecken. Ich habe zu Risiken und Nebenwirkungen recherchiert und ein wenig experimentiert – streng unwissenschaftlich, mit der Objektivität einer Ingwersüchtigen.
Ingwer macht kreativ und arbeitswütig. Trifft bestimmt zu, vor allem bei Schreibtischtätern. Das belegt die knubbelige Gestalt vom Titelbild, die – zum Bersten gefüllt mit Ingwerwirkstoffen – hochkonzentriert in die Tasten haut. Auch die Tatsache, dass Sandra Martin aus Hamburg alias Doodle Junkie sich von einer Ingwerwurzel zu dieser entzückenden Komposition hat anregen lassen, spricht für eine inspirative Wirkung des exotischen Gewächses. Sandra postete das Bild neulich auf Instagram, als ich gerade dabei war, diesen Beitrag zu skizzieren. Danke für’s Ausleihen!
Ingwer macht stark. Stark im Glauben – daran, dass einen so leicht nichts umhaut. In der kalten Jahreszeit übergieße ich jeden Morgen gehackten frischen Ingwer mit kochendem Wasser und trinke das Gebräu während der Arbeit in rauen Mengen. Ich bin fast nie krank, was ihr schon daraus ersehen könnt, dass ich bislang kein bisschen über Schnupfen & Co. gepostet habe. Das liegt nicht etwa daran, dass ich mich weder exzessiv in öffentlichen Verkehrsmitteln aufhalte noch einen Job mit intensivem Publikumsverkehr oder Kleinkinderkontakt habe. Oder dass ich als Freelancer im Zweifelsfall auch mit Wolldecke und Teetasse arbeiten kann und so formal als „gesund“ gelte. Nein, es sind diese segensreichen Inhaltsstoffe, mit denen Mutter Natur Zingiber officinale vollgepackt hat. Laut Wikipedia enthält Ingwer Gingerol, Zingiberen, Zingiberol, Shogaol und Diarylheptanoide, außerdem die „verdauungsfördernden, magenstärkenden, appetit- und kreislaufanregenden Stoffe“ Borneol, Cineol, die Scharfstoffe Shoagol und Zingeron sowie Vitamin C, Magnesium, Eisen, Calcium, Kalium, Natrium und Phosphor. Beeindruckend, oder? Schon beim Lesen läuft mein Abwehrsystem ganz von alleine zu Höchstform auf und die eigentliche Aufnahme von Ingwer gerät (beinahe) zur Nebensache.
Ingwer macht schlank. Ein hartnäckiges Gerücht. Machen wir’s kurz, ohne Exkurs in die Niederungen des menschlichen Stoffwechselsystems: Wenn man literweise Ingwertee anstelle von literweise Cola oder heißer Schokolade mit Sahne trinkt, hat man gute Chancen. Sonst eher nicht.
Ingwer macht liebestoll. Auch so ein unbestätigtes Gerücht. Oder entspringen detailverliebt gedrechselte Sätze oder leidenschaftliche Argumentationen ausschließlich einem exzessiv ingwerumspülten Gehirn? Da müssen noch Vergleichstests her. Fakt ist: Ingwer erzeugt wie alle scharfen Gewürze von innen heraus ein Gefühl von Wärme. Das erleichtert das Leben und Arbeiten erheblich – vor allem denjenigen unter uns, die von September bis Mai kalte Hände haben.
Ingwer macht die Haare rot. Neeein, nur ein Scherz. Tatsächlich aber bezeichnet man das Gen, das für Rothaarigkeit verantwortlich ist, als „Ginger-Gen“. Im Englischen werden Rothaarige nämlich mehr oder (vermutlich) weniger freundlich als „gingers“ (= Ingwer) tituliert. Obwohl Ingwer ja gar nicht rot ist bzw. nur seine Blüten. Anyway.
Ingwer macht Lebensmittel länger haltbar. Stimmt, das habe ich in einer empirischen Kurzzeitstudie ermittelt: Je höher der Ingwergehalt in Speisen und Getränken, desto höher die Abstinenz bei jüngeren Mitbewohnern. Die Folge: Die Zeitspanne zwischen Zubereitung und Verschwinden vergrößert sich erheblich. Da hält ein Glas Gelee sogar mal eine Woche! Bei den Gingerbread-Erdmännchen, die ich im Rahmen der Testreihe extra gebacken habe, war das leider nicht der Fall: Sie sind in jeder Hinsicht unscharf geworden und so musste ich alternativ das Zwei-Komponenten-Konservierungsmittel „fest verschließbare Dose + Aus-dem-Auge-aus-dem-Sinn“ anwenden. (Ich zeige die Kekse hier aber trotzdem, schließlich befinden wir uns in der Gingerbread-Hochsaison.)
Und was macht Ingwer mit euch, was macht ihr mit Ingwer? Dran glauben, essen, trinken, ignorieren, verabscheuen? Lasst mal hören!